Vandalismus für die gute Sache?

18. November 2022 » Gesehen & gehört

Ich schreibe nur mehr selten Blog-Beiträge, diesmal brennt mir aber etwas unter den Nägeln. In mehrere Museen haben sich Klimaschützer an die Wand geklebt, Werke von Van Gogh, Monet oder Da Vinci mit Tomatensuppe, Sahnetorte und Kartoffelbrei beworfen. Vandalismus für die gute Sache also? Ich finde, das ist der absolut falsche Weg. Die Attacken auf Kunstwerken gehen auf Kosten unseres Kulturgutes, das mindestens genauso viel Schutz verdient wie unsere Natur und unsere Umwelt. Ein Statement zum aktuellen Aktivismus in Sachen Klimaschutz.

Über den Klimawandel lässt sich trefflich streiten. Ich kann mich noch gut an meinen Lehrer in der Schule erinnern, der vom sauren Regen erzählte, der auf das Ozonloch aufmerksam machte und das Waldsterben prophezeite. Passiert ist seither nicht viel und leider doch: Der Regenwald in Brasilien wir weiter gerodet, die LKWs brausen weiter durch unser Land und wir produzieren so viel Müll, dass wir nicht mehr wissen, wohin damit. Aber gottseidank gibt es die Klimakonferenz, bei der Abgesandte aus 197 Ländern anno 2022 nach Sharm El Sheikh / Ägypten reisen – in Flugzeugen versteht sich – um sich in klimatisierten Konferenzräumen darüber zu unterhalten, wie man die Erderwärmung um 1,5 Grad senken kann.

Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär, hatte bei seiner Eröffnungsrede diesmal besonders melodramatisch „vom Highway zur Klimahölle“ gewarnt. Übrigens finden die United Nations Climate Change Conferences bereits seit 27 Jahren statt. Welche Ziele wurden bis dato wirklich erreicht? Wie oft wurden solche „Fünf vor zwölf-Reden“ gehalten, die noch nie eine Wirkung erzielt haben? Nun, auch darüber könnten wir trefflich streiten. Ich will hier nicht den Klimawandel leugnen, doch scheint mir klar, dass dieser von einer Reihe von Faktoren abhängig ist, die nicht ausschließlich von Menschenhand gemacht sind. Zum Teil steht doch die Natur noch immer über den Dingen - also auch über uns Menschen - und hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten. Gegen globale Bedrohungen sind wir als Individuum doch machtlos. Hat der Klimawandel doch schon lange vor uns Menschen sämtliche Ären des Erdaltertums auf unterschiedliche Weise beeinflusst. Naja, hinterfragen ist derzeit nicht angesagt. Aktivismus und „endlich etwas tun“ steht an der Tagesordnung.

Die Rolle von Museen

Museen machen seit jeher auf aktuelle Probleme aufmerksam, indem sie in Ausstellungen und Veranstaltungen auf gesellschaftspolitische Themen reagieren und immer wieder auch Besucher auffordern, sich aktiv einzubringen. Museen sollen Kulturgüter schützen, sie vor dem Zerfall bewahren und zum interaktiven Lernen auffordern. Nachhaltiges Handeln, umweltbewusstes Tun, Ressourcen schonen und Altes wieder verwenden statt wegwerfen, steckt somit in der DNA unseres Genres. Vor diesem Hintergrund möchte ich die Klimaaktivisten wachrütteln: Bitte findet andere Wege, um auf das Ziel des Klimaschutzes aufmerksam zu machen, als Euch an Exponate zu kleben und Kunstwerke mit Lebensmittel zu beschmieren.

Denn die Wiederherstellung und Restaurierung von Kulturgütern kostet Geld und auch viel Ressourcen, die allesamt sinnvoller einzusetzen wären: für den Klimaschutz zum Beispiel. Weiters arbeiten die Klimaaktivisten damit gezielt gegen einen möglichen Verbündeten: Museen und Kultureinrichtungen machen sich per se für Umweltthemen stark, setzen auf Nachhaltigkeit und möchten Kultur- und Umweltschutz verbinden. In diesem Sinne ist das aktivistische Handeln und das Winken mit der Apokalypse doppelt kontraproduktiv, denn umso öfter sich blinder Aktionismus breit macht, umso mehr wird vom wichtigen Thema abgelenkt. Mit solchen Aktionen, mit denen die Klimaschützer an die öffentliche Aufmerksamkeit appellieren wollen, erreichen sie nur das Gegenteil. Fest steht: Den Museen entsteht großer Schaden und um diesen abzuwenden, werden Stimmen laut, die mehr Überwachung, Taschenkontrollen und Sicherheitspersonal fordern. All das macht einen Museumsbesuch nicht angenehmer und die Kosten steigen, was den durch das Corona-Desaster ohnehin schon schwer angeschlagenen Kulturbetrieben erneut stark zusetzt. Also bitte überlegen, dass billiger Populismus noch nie lange funktioniert hat und Aktivismus nicht mit Vandalismus zu verwechseln ist!